exhibition view, "Die Tür ins Meer", group exhibition "ENTANGLEMENTS" in 2023, Center for Visual Arts, Denver, USA
exhibition view, "Die Tür ins Meer", group exhibition "Darmstädter Tage der Fotografie" in 2020, Osthang, Darmstadt, Germany
"... , but rather some malicious demon of the utmost power and cunning has employed all his energies in order to deceive me. I shall think that the sky, the air, the earth, colours, shapes, sounds and all external things are merely the delusions of dreams which he has devised to ensnare my judgment. ...”
(René Descartes)
since 2017 ongoing
(EN)
The photographic documentary „Die Tür ins Meer“ (THE DOOR INTO THE SEA) is questioning the worldwide phenomenon of life-size depictions of "natural" landscapes that are deliberately placed in public spaces. What is their role and impact? Are they intended to conceal urban ugliness, lend character to non-places or provide moments of sensual relaxation?
They seem ubiquitous and once you recognize this as a purposeful phenomenon, you can no longer unsee it. Once the veil has been lifted, these nature transplants lose their subtle magic, hence giving the viewer cause to scrutinize the purpose of each individual example and ultimately critically question the dehumanization of a living environment optimized for functionality.
The image framings I choose in my digital photography are blurring the intersection between the artificial representation of nature and their real live backdrop. Hence, it requires the viewer to actively search for this dividing line and thereby consciously engaging with the general phenomenon itself. Thereby a minuscule seductive trip from reality becomes a profound journey: an ongoing effort to appreciate and preserve an environment worth living in.
Those publicly placed paintings and photographies of idealized natural sceneries testify to our deep longing for nature in a time of greatest alienation. This poses the question what nature actually means for us. With this surreal landscape-makeup nature is reduced to a purely visual display, reinforcing the long prevailing notion that nature is only décor rather than the foundation of our very existence.
In a world where images increasingly shape our perception, the trompe-l'oeil-like representations may be harbingers of virtuality progressively superseding reality – potentially rendering preservation of our real nature obsolete.
The landscape images documented in my series „The Door to the Sea“ lure us into an imaginary journey to places with sublime landscapes that we are familiar with from travel brochures and coffee table books. Every image represents a momentary escape, a micro-journey. These depicted feel-good travel destinations are full of clichés. In times of polycrisis we want to flee to this pristine places. Lonely beaches, monumental mountain ranges, picturesque lake and river landscapes promising an escape from our everyday lives, from a hectic pace that draws ever tighter circles around us, from an urban environment designed for functionality that makes our senses atrophy.
In our digital age, we are used to traveling between worlds. Fiction is becoming a parallel reality. When time and cost constraints, as well as ecological concerns, make physical travel more challenging, mental excursions are tempting alternatives.
As we are increasingly depriving ourselves of our natural foundations, these life-size, trompe-l'œil-like depictions can be interpreted as a sign of our persistent longing for nature. Furthermore they are manifestations of our helpless attempt to reconnect with our natural basis and experience its invigorating power. Hence we should not be lulled by these simulations but recognize them as landmarks on our journey to self-awareness and the realization that we are natural beings with a fundamental need to interact with our living environment.
PS: All motifs have been captured in public spaces as depicted and aren’t a digital creation.
(DE)
„…dass ein boshafter Geist, der zugleich höchst mächtig und listig ist, all seine Klugheit anwendet, um mich zu täuschen; ich will annehmen, dass der Himmel, die Luft, die Erde, die Farben, die Gestalten, die Töne und alles Äußerliche nur das Spiel von Träumen ist, wodurch er meiner Leichtgläubigkeit Fallen stellt…“
(René Descartes)
In der Fotodokumentation "Die Tür ins Meer" untersucht Jana Hartmann das weltweit anzutreffende Phänomen lebensgroßer Naturdarstellungen, die bewusst im öffentlichen Raum platziert wurden. Welche Rolle und Wirkung haben sie? Sind sie eine rein kosmetische Korrektur unerwünschter Stadtbilder oder der Versuch, sogenannten Nichtorten Charakter bzw. eine Identität zu verleihen?
Sie scheinen allgegenwärtig zu sein, und wenn man erst einmal erkannt hat, dass es sich um ein absichtliches Phänomen handelt, kann man es nicht mehr übersehen. Ist der Schleier erst einmal gelüftet, verlieren diese Naturtransplantate ihren subtilen Zauber und geben dem Betrachter Anlass, den Zweck jedes einzelnen Beispiels zu hinterfragen und letztlich die Entmenschlichung einer auf Funktionalität optimierten Lebenswelt kritisch zu hinterfragen.
Die Bildausschnitte, die ich für meine digitalen Fotografien wähle, verwischen die Grenze zwischen der künstlichen Darstellung der Natur und ihrer realen Kulisse. Daher muss der Betrachter aktiv nach dieser Trennlinie suchen und sich dabei bewusst mit dem allgegenwärtigen Phänomen auseinandersetzen. So wird aus einem kleinen verführerischen Ausflug aus der Realität eine tiefgreifende Reise: ein ständiges Bemühen, eine lebenswerte Umwelt zu schätzen und zu erhalten.
Diese öffentlich platzierten Gemälde und Fotografien von idealisierten Naturlandschaften zeugen von unserer tiefen Sehnsucht nach Natur in einer Zeit größter Entfremdung. Dabei stellt sich die Frage, was Natur für uns eigentlich bedeutet. Mit diesem surrealen Landschafts-Make-up wird die Natur auf eine rein visuelle Darstellung reduziert und die seit langem vorherrschende Vorstellung verstärkt, dass die Natur nur Dekor und nicht die Grundlage unserer Existenz ist.
In einer Welt, in der Bilder zunehmend unsere Wahrnehmung prägen, könnten die trompe-l'oeil-artigen Darstellungen Vorboten einer Virtualität sein, die die Realität zunehmend verdrängt - und damit möglicherweise die Bewahrung unserer realen Natur obsolet macht.
Die in meiner Serie "Die Tür ins Meer" dokumentierten Landschaftsbilder entführen uns auf eine imaginäre Reise zu Orten mit erhabenen Landschaften, die wir aus Reisebroschüren und Bildbänden kennen. Jedes Bild stellt eine momentane Flucht dar, eine Mikro-Reise. Diese abgebildeten Wohlfühl-Reiseziele sind voller Klischees. In Zeiten der Polykrise wollen wir an diese unberührten Orte fliehen. Einsame Strände, monumentale Gebirgszüge, malerische See- und Flusslandschaften versprechen eine Flucht aus dem Alltag, aus einer Hektik, die immer engere Kreise um uns zieht, aus einem auf Funktionalität ausgelegten urbanen Umfeld, das unsere Sinne verkümmern lässt.
In unserem digitalen Zeitalter sind wir es gewohnt, zwischen den Welten zu reisen. Die Fiktion wird zu einer parallelen Realität. Wenn Zeit- und Kostenbeschränkungen sowie ökologische Bedenken das physische Reisen erschweren, sind mentale Ausflüge eine verlockende Alternative.
Da wir uns zunehmend unserer natürlichen Grundlagen berauben, können diese lebensgroßen, trompe-l'œil-artigen Darstellungen als Zeichen unserer anhaltenden Sehnsucht nach der Natur gedeutet werden. Darüber hinaus sind sie Ausdruck unseres hilflosen Versuchs, uns wieder mit unserer natürlichen Basis zu verbinden und ihre belebende Kraft zu erfahren. Daher sollten wir uns von diesen Simulationen nicht einlullen lassen, sondern sie als Wegmarken auf unserem Weg zur Selbsterkenntnis und zur Erkenntnis, dass wir natürliche Wesen mit einem grundlegenden Bedürfnis nach Interaktion mit unserer lebendigen Umwelt sind, erkennen.
PS: Alle Motive wurden im öffentlichen Raum wie abgebildet aufgenommen und sind keine digitale Kreation.
exhibition view "Die Tür ins Meer", group exhibition "NATURE FUTURE" in 2022, at KAMPA Park, Prague, Czech Republic